Haithabu (Haddeby, Hedeby)

Haithabu 

(altnordisch Heiðabýr, aus heiðr = Heide, und býr = Hof; dänisch Hedeby, lateinisch Heidiba, heutiger deutscher Name Haddeby) war als erste echte mittelalterliche Stadt in Nordeuropa ein Handelsort und Hauptumschlagsplatz für den Handel zwischen Skandinavien, dem Nordseeraum und dem Baltikum. Haithabu lag auf der Kimbrischen Halbinsel an der Schlei in der Schleswigschen Enge (Isthmus) zwischen Nordsee und Ostsee in der Nähe des historischen Ochsenwegs (oder Heerweg). Der Ort gehörte zur Arensharde. Heute gehört das Gelände zur Gemeinde Busdorf nahe Schleswig im Kreis Schleswig-Flensburg in Deutschland. Der seit Jahrhunderten verlassene Ort ist zusammen mit dem den Ort umgebenen Danewerk und dem Ringwall der slawischen Wagrier in Oldenburg in Holstein eines der bedeutendsten archäologischen Bodendenkmäler in Schleswig-Holstein.


Nach der Völkerwanderung, in deren Verlauf die Angeln und viele Sachsen vermutlich nach England auswanderten, drängten Dänen und Jüten in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts von Norden bis zur Schlei und Eckernförder Bucht vor. Das Gebiet scheint zu diesem Zeitpunkt nur noch dünn besiedelt gewesen zu sein. Spätestens um 770 wurde Haithabu, der damals bedeutendste Handelsplatz der Dänen, gegründet. Im 9. Jahrhundert entstand eine zweite Siedlung weiter nördlich und eine weitere Siedlung am Haithabu-Bach dazwischen. Ende des 9. Jahrhunderts wurden der nördliche und südliche Teil der Siedlung aufgegeben. Der mittlere Teil am Haithabu-Bach wurde weiter benutzt und durch Wälle in die dänischen Grenzanlagen des Danewerks eingebunden.


Durch die Zerstörung des konkurrierenden slawischen Handelsortes Reric in der Nähe von Wismar durch den dänischen König Gudfred im Jahr 808 und die anschließende Zwangsumsiedlung der Kaufleute nach Haithabu entwickelte sich die Stadt rasch zur Handelsstadt noch bevor Dänemark Einheit erlangte. Seit 811 markierte die einige Kilometer südlich gelegene Eider die Grenze zum Frankenreich, was die Bedeutung Haithabus noch vergrößerte. Wahrscheinlich wurden hier Handelsgüter verladen, die über Land bis zur Eider gebracht und von dort weiter zur Nordsee verschifft wurden – und umgekehrt.


Vom 9. bis ins 10. Jahrhundert war Haithabu mit mindestens 1000 Einwohnern ein wichtiger Handelsplatz. Hier wurden auch Münzen geprägt. Andere Handelszentren in Nord- und Westeuropa, ohne die Haithabu keine solche Bedeutung hätte erlangen können, waren zu dieser Zeit u.a. Västergarn (zuvor Paviken) und Vallhagar auf Gotland, Avaldsnes, Kaupang, Skiringssal und Spangereid (Norwegen), Birka, Löddeköpinge und Sigtuna (Schweden), Domburg, Dorestad und Witla (Niederlande), Quentovic (Frankreich), Nowgorod (Russland), Ribe und Tissø (Dänemark) und an der südlichen Ostseeküste Jomsburg (Vineta), Menzlin, Ralswiek, Truso (bei Danzig) und Wiskiauten (bei Cranz), sowie Seeburg im Baltikum. Um 890 unternahm Wulfstan von Haithabu im Auftrag Alfred des Großen eine Reise nach Truso.
Im Jahr 934 besiegte der ostfränkisch-sächsische König Heinrich I. die Dänen unter König Knut I. in der „Schlacht von Haithabu“ und eroberte die Stadt anschließend. Damit fiel das Gebiet zwischen der Eider und der Schlei für etwa ein Jahrhundert an das Ostfränkische bzw. Römisch-Deutsche Reich. Das skandinavische Herrschergeschlecht blieb aber noch eine Generation im Amt.


Haithabu war jetzt wegen seiner Lage an den Handelswegen zwischen dem Fränkischen Reich und Skandinavien sowie zwischen Ostsee und Nordsee Haupthandelsplatz. Adam von Bremen bezeichnet „Heidiba“ als portus maritimus, von dem aus Schiffe bis nach Schweden und in das Byzantinische Reich geschickt wurden. Besonders die Herstellung und Bearbeitung von Tonwaren (Geschirr), Glas und Werkzeug wurde wichtig für die Bedeutung Haithabus, das auch von arabischen Händlern und Reisenden (so 965 von Ibrahim ibn Jaqub) besucht und beschrieben wurde.


948 wurde Haithabu Bischofssitz, nachdem Kaiser Otto Haithabu besucht hatte. Schon um 850, wahrscheinlich durch Erzbischof Ansgar von Hamburg, war die erste christliche Kirche errichtet worden. Die Existenz dieses Baus ist zwar in den Schriftquellen sicher belegt, konnte aber noch nicht archäologisch nachgewiesen werden. Allerdings wurde eine aus dem 10. Jahrhundert stammende Kirchenglocke geborgen.


Im 10. Jahrhundert erreichte Haithabu seine Blütezeit und war mit mindestens 1.500 Einwohnern der bedeutendste Handelsplatz für den westlichen Ostseeraum. Im Jahre 983 eroberte der dänische König Harald Blauzahn (auch: Harald I. Gormson; dänisch Harald Blåtand), der seit 948 die Hoheit des Kaiserreiches anerkannte, Haithabu und in den Jahrzehnten um das Jahr 1000 gehörte die Siedlung zum Machtbereich des deutschen Kaisers. Unter Kaiser Konrad II. wurde die Grenze dann, vermutlich durch eine von Sven Gabelbart unternommene Kriegshandlung, von der Schlei wieder an die Eider zurückverlegt.


Obwohl ein neun Meter hoher Wall mit Palisade die Handelsstadt umgab, wurde sie im Jahr 1050 in einer Schlacht zwischen Harald Hardrada von Norwegen und Sweyn II. zerstört; sie wurde danach nur teilweise wiederaufgebaut und dann 1066 von den Westslawen geplündert, die damals in den Gebieten östlich der Kieler Förde lebten. Die Einwohner verlegten die Siedlung daraufhin nach Schleswig – auf das andere Ufer der Schlei – und bauten Haithabu nicht wieder auf. Ausführliche Erwähnung findet Haithabu (Heidiba) in der Chronik des Erzbistums Hamburg, die Adam von Bremen im Jahr 1076 fertigstellte. Die Sachsen und Franken nannten eine neuere Siedlung nahe Haithabu Sliaswig und Sliaswich (Siedlung oder Bucht an der Schlei), wovon der Name der Stadt Schleswig und des Herzogtums Schleswig abgeleitet ist.

 

Quelle: Wikipedia